Schon immer haben Neonazis Gefallen an der Musik und Subkultur des Hardcore gefunden, jedoch lässt sich im Moment eine starke Tendenz der Unterwanderung dieser Szene feststellen.
Von der Kampagne »Let’s Fights White Pride«
Dies liegt begründet in der teilweise brachial anmutenden Musik bzw. dem Auftreten der Bands. Früher wurden lediglich die für Neonazis passenden Elemente kopiert. Heute hingegen, wird der komplette Hardcore Lifestyle übernommen. Die Tendenz der Übernahme linker Symboliken durch Neonazis, ist auch hier nichts Neues. Beispielhaft dafür sind Bands wie Eternal Bleeding oder Moshpit, die sich szenetypisch geben und dabei auf eindeutige Symbole verzichten, aber unmissverständliche Neonazi-Propaganda betreiben. Es wird deutlich, dass durch solche Bands und ihren Einfluss eine höhere Sensibilisierung des Publikums erforderlich wird.
Deshalb haben wir, die Leute von Let’s Fight White Pride, uns vor etwa anderthalb Jahren zusammengesetzt um dort weiter zu machen, wo die antifaschistische Kampagne Good Night White Pride an ihre Grenzen gestoßen ist. Es gab und gibt für eine Neugründung vielerlei Gründe. Zum einen, war die allgemeine Einschätzung, dass Good Night White Pride seine Wirkungskraft verloren hatte, da sich das Logo zwar weltweiter Beliebtheit erfreut, aber eigentlich keine Konsequenzen mehr daraus gezogen wurden. Außerdem, war zu dieser Zeit nicht ganz klar, welche rechtlichen Folgen es haben könnte, das Logo zu tragen, da es gerade einen Schub an Repressionen gegen linke Symboliken gab (z.B. auch gegen das durchgestrichene Hakenkreuz).
So wurden einige Träger von Buttons oder Shirt’s mit Good Night White Pride Aufdruck wegen Gewaltverherrlichung angeklagt (siehe AIB 74 »Freispruch für »Good Night White Pride« in Berlin«). Leider haben sich bisher nur wenige Leute gegen diese Kriminalisierung gewehrt oder sich bei uns gemeldet und so kann man wohl davon ausgehen, dass die Meisten mit einer Verwarnung davongekommen sind. Seit einem uns bekannten Fall aus Berlin/Potsdam, ist uns zu dieser Problematik jedoch nichts mehr zu Ohren gekommen und somit denken wir, dass es sich lediglich um einen Alleingang übermotivierter Polizisten handelte und es nicht um einen groß angelegten Repressionsversuch bzw. ein komplettes Verbot des Logos ging.
Generell ist es uns egal, welches Logo benutzt wird, solange unserer Forderungen umgesetzt werden. Deshalb freuen wir uns natürlich auch, das alte Logo weiter zu sehen. Aus diesen zwei wesentlichen Gründen und der Unklarheit, ob es überhaupt je möglich gewesen wäre, wieder die Meinungshoheit über Good Night White Pride zu bekommen, haben wir uns zu einem neuen Namen und einem neuen Logo entschlossen. Wir haben uns dabei aber bewusst etwas an dem alten orientiert, da wir uns quasi als Weiterführung von Good Night White Pride verstehen. Am Entscheidungsprozess für das Let’s Fight White Pride Logo waren sowohl neue und junge Leute beteiligt, als auch Leute, die schon Good Night White Pride gestartet haben.
Mit einem neuen Logo gab es nun auch die Möglichkeit, es gegen Missbrauch schützen zu lassen, was vorher nicht mehr gegeben war. Außerdem können wir nun konkrete Forderungen an das Logo knüpfen, die wir auch von allen Leuten einfordern, welche das Logo benutzen wollen. Im Wesentlichen sind das die Basics – dass Neonazis nicht auf Konzerte kommen oder gegebenenfalls rausfliegen. Und dass es keine Toleranz gegenüber einschlägig bekannten Neonazi Marken und Neonazi Bands gibt. So wird der Erfolg der Kampagne sich vor allem daran messen lassen müssen, ob es zu einer Verbesserung der jetzigen Situation kommt. Es sollte Jedem bewusst sein, dass der Veranstaltungsort gleichzeitig auch der Ort des Handelns ist. Es reicht nicht, sich im Nachhinein über die Anwesenheit von Neonazis auf Shows zu beschweren, sondern erfordert Aktionismus von Jedem. Ob Veranstalter, Band oder Besucher, Jeder ist in der Verantwortung im Voraus informiert zu sein und auch selbst aktiv zu werden, d. h. im Zweifel mit uns in Kontakt zu treten oder selbst zu recherchieren z.B. im »Versteckspiel«.1
Außerdem wollen wir uns mit anderen Themen auseinandersetzen und Diskussionen in der Hardcore/Punk Szene anregen, um wieder ein höheres politisches Bewusstsein zu erreichen. Dabei sind es die klassischen Themen, wie Sexismus und Homophobie, die problematisiert werden sollen, aber auch szeneinterne Dinge, wie etwa »Violent Dancing«.
Mittlerweile ist der Kreis von Leuten, die an der Kampagne mitwirken auf etwa 20 Personen angewachsen, die vorwiegend aus Sachsen, aber auch aus Berlin und Thüringen kommen. Wie gesagt, Let’s Fight White Pride lebt überwiegend vom Engagement der »Szene«, also von Konzertbesuchern, die auch Handeln, wenn Neonazis auf Shows auftauchen, von Bands die Ansagen bringen oder aufhören zu spielen, wenn Neonazis anwesend sind und von Veranstaltern, die von ihrem Hausrecht Gebrauch machen. Die Kampagne begrenzt sich zwar vorrangig auf den Sektor Musik, da die Initiatoren aus diesem Bereich kommen, jedoch sollte Jedem klar sein, dass unsere Forderungen allgemeingültig sind, also auch für den Alltag gültig sind.
Davon abgesehen, sind alle Leute herzlich willkommen bei uns mitzumachen, um unser Netzwerk größer und wirkungsvoller machen zu können und natürlich auch, um ihre Ideen einzubringen und neue Diskussionen zu entfachen. Dazu versuchen wir, mit Aktionen wie »Let’s push things forward«2 zu kooperieren. Deren Anliegen es ist, die Hardcore/ Punk Szene wieder zu politisieren.
Des weiteren unterstützen wir Kampagnen, wie beispielsweise die »Initiative gegen jeden Extremismusbegriff«3, der es um die kritische Auseinandersetzung der Gleichsetzung von rechter Ideologie und linker Politik durch die sächsische Landesregierung geht. Betroffen sind davon vor allem AJZ’s und linke Projekte, denen auf Grundlage der »Extremismusformel« z.B. die Schließung droht. Außerdem streben wir eine Zusammenarbeit mit Plattformen wie »Turn it down«4 an, die Rechtsrock und Neonazi-Lifestyle thematisieren und mit verschiedenen anderen Kampagnen zusammenarbeiten.